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25./26. Januar 2017

Aus der Pieterlen Post 4/2013

Andres Muhmenthaler

Presse

Interview: Jana Tálos

Eigentlich war alles bloss als Scherz gedacht: Die Freunde und Bekannten des ehemaligen Fahnders Heiri Weber aus Bargen inszenieren für dessen 65. Geburtstag einen Mordfall, der sich direkt vor seiner Haustür abspielt. Ein letztes Mal soll der frischgebackene Pensionär damit aus der Reserve gelockt werden, bevor er endgültig in den Ruhestand tritt. Doch es kommt alles anders: Irgendjemand benutzt das Drehbuch, um tatsächlich einen Mordfall zu vertuschen – und ohne es zu wollen, kommt ihm Weber auf die Spur. Aus dem Geburtstagskrimi wird eine todernste Mordermittlung. Involviert ist eine nigerianische Botschafterfamilie, ein fremdenfeindlicher Aarberger Börsenhändler sowie Patienten einer psychiatrischen Klinik.

Am Ende lässt Autor Andres Muhmenthaler, der mit «Koste es, wen es wolle», seinen zweiten Krimi herausgegeben hat, mitten im Stedtli Aarberg einen Kampf der Religionen ausbrechen. Die Folge: Noch ein Toter und die Gründung einer konfessionslosen Partei.

Andres Muhmenthaler, ein Kampf der Religionen mitten in Aarberg – ist das nicht etwas sehr weit hergeholt? Andres Muhmenthaler: Natürlich ist das Szenario überspitzt. Aber ich sehe und erlebe hier in der Region immer wieder Dinge, die gar nicht so weit davon entfernt sind. In Biel gab es den Islamischen Zentralrat, der Parolen von sich gibt. Aber auch von christlicher Seite gibt es immer wieder Leute, die anderen ihre Religion aufzwingen wollen.

 

Gibt es einen bestimmten Grund, warum sie das Thema in ihren Krimi einfliessen lassen? Es ist etwas, das mich persönlich beschäftigt, wie viele andere Dinge auch, die auf der Welt schief laufen. In meinen Büchern versuche ich jeweils, diese Themen aufzugreifen und zu verarbeiten. Meist sind es Dinge, die ich nicht nachvollziehen kann. Zum Beispiel, dass sich ein Mensch so auf eine Religion fixieren und behaupten kann, das sei das einzig Richtige auf der Welt.

 

Am Ende des Buches gründen Patienten der psychiatrischen Klinik eine konfessionslose Partei. Denken Sie, dass Aarberg auch in der Realität so eine Partei braucht? Ich habe das Gefühl, dass die Gesellschaft allgemein eine Veränderung braucht. Was die Religionen betrifft, stört es mich einfach, dass Atheisten von Gläubigen oft als schlechte Menschen dargestellt werden. Vielleicht empfinde ich das auch nur so, weil ich selbst in keiner Kirche bin. Aber es gibt auch viele religiöse Menschen, die Schlechtes tun. Und viele Atheisten, die Gutes im Sinne haben. Das ist es, was ich mit der Gründung dieser Partei andeuten will.

 

Neben der Religion ist auch Fremdenfeindlichkeit ein zentrales Thema in Ihrem Krimi. Sie ist, neben Geldgier, sogar Teil des Mordmotivs. Empfinden Sie die Region rund um Aarberg als fremdenfeindlich? Nicht speziell, nein. Klar, die SVP ist hier in der Umgebung stark ver-treten, und so manche ihrer Abstimmungs-plakate

übertreten meiner Meinung nach die Grenze zur Fremdenfeindlichkeit. Trotzdem finde ich nicht, dass Aarberg in dieser Hinsicht extrem wäre. Aber die Fremdenfeindlichkeit existiert auch hier, und ich finde, dass man das nicht totschweigen darf.

 

Was die politischen Themen betrifft, könnte der Krimi demnach überall spielen. Trotzdem haben Sie sich für Aarberg, Ihre Heimat, entschieden. Warum? Weil ich glaube, dass ich am besten über Charaktere und Orte schreiben kann, denen ich selbst begegnet bin. Sie liefern mir das Material, die Szenen. Dazu kommt, dass mir das Stedtli sehr gefällt und ich genau weiss, wie die Leute hier ticken. So kommt die Geschichte auch glaubwürdiger rüber. Ich bekam sogar schon öfters Rückmeldungen von Leuten, die glaubten, in meinen Figuren jemanden wiedererkannt zu haben.

 

Dann lehnen Sie Ihre Charaktere an Menschen an, die Sie in Aarberg antreffen? Ja. Ich überzeichne sie aber. Die Figur, die am Ende entsteht, ist immer auch zu einem gewissen Grad meiner Fantasie entsprungen.

 

Ihre Hauptfigur, Heiri Weber, ist pensioniert, spielt Klavier, und versucht, nach seiner Berufskarrie als Kriminalist, endlich das Leben mit seiner Frau Rita zu geniessen. Entspringt dieser Charakter auch einer Person, der Sie im echten Leben begegnet sind? Ich habe das Gefühl, oder merke es besser gesagt immer mehr, dass ich selbst dieser Weber bin. Oder zumindest zu gewissen Teilen.

 

Inwiefern?

Wie ich, mag er keine grossen Feste. Er ist gerne auch einmal alleine oder in der Natur unterwegs. Er macht Musik. Und zwischendurch hat er gewisse Selbstzweifel. Wenn er ermittelt, sucht er nicht nur nach Täter oder Opfer, sondern versucht, das grosse Ganze hinter der Tat zu sehen. Obwohl er die

Beweggründe des Mörders nicht verstehen kann. Das handhabe ich auch so, auch wenn ich selbst keine Mörder jage.

 

Gibt es weitere Charaktere, in denen Sie sich widerspiegeln? Ja, in den beiden Patienten der psychiatrischen Klinik, die sich Sokrates und der Revolutionär nennen. Der Denker ist, wie ich auch, historisch sehr interessiert. Der Revolutionär organisiert gerne, zettelt Dinge an. Auch ich organisiere und erfinde gerne. Vor zehn Jahren habe ich etwa den Instrumentenwahlkurs an der Musikschule Aarberg initiiert – nun wird er jedes Jahr durchgeführt.

 

Nach «Der Wolf ist tot» ist «Koste es, wen es wolle» bereits der zweite Kriminalfall, in dem Heiri Weber nach seiner Pensionierung in Aarberg ermitteln muss. Wird er in Zukunft seinen Ruhestand geniessen können? Nicht wirklich. Ich bin bereits am dritten Aarberger Krimi dran, in dem Weber wieder als Hauptfigur auftreten wird. Auch Sokrates und der Revolutionär kommen vor, und Leute, die bereits im ersten Krimi eine Rolle gespielt haben.

 

Werden erneut weltpolitische Themen wie Religionskrieg und Fremdenfeindlichkeit aufgegriffen?

Es wird um moderne Technik, insbesondere um ferngesteuerte Autos gehen. Aber auch die Religion ist wieder ein Thema, diesmal das Judentum. Hier möchte ich Parallelen zur Gurlitt-Sammlung ziehen. In meinem Fall wird es jedoch um einen Aarberger gehen, der mit wertvollen Musikinstrumenten dealt, die den Juden unrechtmässig abgenommen wurden.

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